Kundenservice

Anrufe bei Telefon-Hotlines nerven, auch bei der BHW.

Ich wollte einen Bausparvertrag kündigen und mich nach den Details erkundigen, ohne dazu einen Termin beim Berater zu machen. War vielleicht ein Fehler.

Nach ungefähr einer Minute Durchhangeln durch das Menü („…, und wenn Sie unseren Vorstandsvorsitzenden erpressen wollen, drücken Sie bitte die 9.“) kam ein echter Mensch dran. Die freundliche Dame klärte mich auf, dass „bis zu eim Bedrooch von Dausenfümfhunnert Oiro geene Gebühr anfälld, awwer ab Dausenfümfhunnerd Oiro gommen drei Brozännd von däm Auszahlungsbedrach uff Se zu — außr nadierlich, Se wardn däs halbe Jahr Gindigungsfrisd ab.“

Fein, das halbe Jahr kann ich wohl auch noch warten, kein Problem. Und der Fonds…?

„Oh, da gannsch Ihnn leidr garnich hälfn, da musssch Ihnn die Däläfonnummr von unsrer Anlageabdeilung gähm, Momänd emal…“

Hier muss ich kurz erklären, was ein Bausparvertrag mit einem Anlagefonds zu tun hat. Nichts!, sagt der naive Bausparer — jaaa, das war vor der Zeit der sonderbaren Chimären-Bausparanlagefondsverträge!

Vor ein paar Jahren hatte mir ein goldzüngiger BHW-Berater einen Bausparvertrag verkauft, der aus einem Anlagefonds gespeist wird. Die genauen Mechanismen hatte ich gleich wieder vergessen, aber die Kurzform lautet folgendermaßen:
Alter, vollgesparter Bausparvertrag wird aufgelöst und in einen Fonds eingezahlt. Die Zinsen aus dem Fonds füttern einen neuen Bausparvertrag. Ausserdem wird jedes Jahr ein X-tel des Fonds auf den Bausparvertrag umgeschichtet, bis nach irgendsowas wie sechs oder sieben Jahren der Fonds leer und der Bausparvertrag zuteilungsreif ist.

Ziemlich kompliziert und weder Fisch noch Fleisch, das Ganze.

Jedenfalls wollte ich jetzt diese komische Konstruktion auflösen und an mein Geld ran, und um mich nach den Modalitäten der Kündigung zu erkundigen, rufe ich bei der BHW an, und die freundliche Dame mit dem sächsischen Zungnschlach diktierte mir die 01805er-Nummer der Anlageabteilung in die Feder.

Dort angerufen. „Tut uns leid, diese Abteilung wurde im Zuge der Zusammenlegung von BHW und Postbank wegrationalisiert, bitte wenden Sie sich direkt an die Postbank unter der Nummer…“ Super. Vielleicht sollte man den Leuten im Call-Center mal eine aktualisierte Telefonliste geben, wenn man fusioniert, hmm? Egal, die Postbank-Servicenummer hatte ich jetzt ja.

Dort angerufen. „… dann drücken Sie die 17, und wenn Sie gegen unsere Filialschließungen protestieren wollen, legen Sie einfach auf.“ Nachdem ich der Roboterstimme einige Male erklärt habe, dass ich meine Postbank-Depotkontonummer gerade nicht zur Hand habe und sie auch nicht extra raussuchen wolle, resignierte die Automatik und sagte: „Sie werden jetzt mit einem unserer Berater verbunden.“

Warum denn nicht gleich so?

Klickerklacker, Fahrstuhlmusik, tuuut—-tuuut—-tuuut—-tuKLACK-tuut-tuut-tuut-tuut-tuut

Rausgeflogen. Super.

Nochmal angerufen. Beim letzten Anruf war mir beim Spruch „… jetzt mit einem unserer Berater verbunden“ eingefallen, dass man meist einfach „Berater“ sagen kann, um direkt einen Menschen an den Hörer zu kriegen. Funktionierte auch wunderbar, nach fünfzehn Sekunden tutete es schon, und ein freundlicher Mensch im sächsischen Dialekt erklärte mir, dass er mir nicht weiterhelfen könne, aber er verbände mich gern mit der zuständigen Abteilung.

Klickerklacker, Fahrstuhlmusik… diesmal hatte der Agent keinen sächsischen Tonfall, aber auch keine Ahnung. Er wolle mich aber gern zur richtigen Abteilung…

Klickerklacker, Fahrstuhlmusik… diesmal hatte die Agentin einen leichten ostdeutschen Akzent und Ahnung.

Endlich. Dann habe ich jetzt hoffentlich erstmal ein paar Monate Ruhe, bevor ich das nächste Mal bei einer Hotline anrufen muss…

6 Antworten zu “Kundenservice

  1. Nur ein weiteres Argument gegen derartige Finanzkonstrukte.

  2. Ja, ich frage mich nur, wieso ich mich damals habe belabern lassen, diesen Kombivertrag zu unterzeichnen. Vermutlich eine Kombination aus geschicktem Verkäufer, fachlicher Überforderung und dem starrsinnigen Stolz, die Überforderung nicht zugeben zu wollen.

    Es hätte vermutlich schon gereicht, wenn ich gesagt hätte: „Ach, ich nehme mir die Unterlagen mal mit und unterhalte mich mit ein paar Leuten drüber. Falls was draus wird, dann schicke ich Ihnen den Vertrag einfach unterschrieben zu, OK?“

  3. Nun stell dir vor, das du, wenn irgendwas was du nicht erwartet und vorher einkalkuliert hast, die ‚Sprache‘ verlierst. Keine Kommunikation mehr möglich…
    Dann kannst du dir vielleicht annähernd vorstellen wie stressig solche Anrufe bei Hotlines für mich sein können. ;)
    Ich telefoniere ziemlich ungerne…

  4. Frederik: Ja, das klingt unangenehm. Aber weil man ja nie alle möglichen Gesprächsverläufe vorausplanen kann, wird sowas immer vorkommen, oder?
    Das ist dann der Moment, wo man improvisieren muss. Man kann sich ja eine Weile mit „Aha, so ist das also, hmmm, also… äähm…“ über Wasser halten. Da klingt man zwar erstmal wie ein Idiot, aber man hat einen Augenblick Zeit zum Überlegen. Klappt bei ausgebildeten Telefonikern meist nicht, weil die gerne die Gespräche kontrollieren und straff halten. Die klinken sich beim zweiten „Hmm“ oder „Ähm“ sofort wieder ein und reden weiter.

    Am Besten ist es vermutlich, nochmal zusammenzufassen, was der Mensch gerade gesagt hat: „Sie sagen also, dass ich mein Konto bei Ihnen nicht kündigen kann, weil mein Sternzeichen Stier ist, habe ich das richtig verstanden?“ Wenn man das falsch verstanden hatte, wird er es nochmal erklären, wenn nicht, dann weiß man zumindest, worum es jetzt geht, und hat noch ein Bisschen darüber nachdenken können.

  5. Ich weiß schon, warum ich mich schon seit Wochen darum herumdrücke, endlich meine Lebensversicherung ruhend zu schreiben oder zu kündigen. Solche Anrufe nerven unglaublich. Ich erinnere mich mit Freuden an meine (ebenfalls damals in meinem Blog dokumentierten) Anrufe bei der Service Hotline von 1und1 …

  6. Oh ja, der Blogeintrag war sehr treffend, stimmt! Aber wenn ich an sowas überhaupt denke, dann mache ich das mittlerweile mit einem Dreizeiler per Post. Das kostet ähnlich viel und ist entspannter.

    „SehrgehrteDamunHerrn, bitte kündigen Sie zum nächstmöglichen Zeitpunkt, Vertragsnummer bla, bitte bestätigen, MitfreundlichenGrüßenTschüss.“

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