Bisher bin ich noch nirgendwo über einen Artikel über das Phänomen gestolpert, aber mir fällt immer wieder auf, dass sich mein Grad an Aufgeregtheit meist reziprok zu dem des Rests der Welt verhält. Also: je hektischer der Rest meiner Gruppe wird („Ohgottohgottohgott, die Fähre schaffen wir nie! Und dann kommen wir zu spät ins Hotel! Und dann müssen wir auf der Straße übernachten und werden überfallen und erschlagen und ausgeraubt und vergewaltigt und…“), desto gelassener werde ich. Gerade zu fatalistisch entspannt. Dann gehe ich in Ruhe ein paar Übernachtungsalternativen durch oder überlege mir Überlebensstrategien für das Schlafen in Straßengräben — aber je mehr andere rumhibbeln, desto ruhiger bin ich.
Wenn ich irgendwann in eine Massenpanik im Fußballstadion geraten sollte, erreiche ich durch die enorme Erregung um mich herum vermutlich schlagartig das Nirvana. Ommmm…
Umgekehrt funktioniert das natürlich auch: je gelassener meine Umwelt auf irgendwelche Widrigkeiten reagiert, desto hibbeliger werde ich. Reichlich uncool, wenn man sich von einer gelassenen Fünfjährigen beruhigen lassen muss.
Sohnemann scheint diese Fähigkeit übrigens geerbt zu haben: je hektischer der Vater bei den morgendlichen Aus-dem-Haus-geh-Vorbereitungen wird, desto gelassener wirkt Junior. Und wenn man ihn dann vor dem Losfahren schnell nochmal wickelt, zackzack, und endlich den Kampf mit der Stoffwindel gewonnen hat, ein schneller Blick auf die Uhr (Mist, schon jetzt fast zu spät!), und jetzt noch die Hose, wo ist diese Hose??? — dann kriegt er plötzlich diesen völlig zufriedenen Blick, ein engelsgleiches Lächeln auf den Lippen, dann ist er ganz entspannt im Hier und Jetzt! Toll, wie gelassen ein Kind bei elterlicher Hektik sein kann.
Und dann weiß man, dass man wieder von vorne anfangen kann mit dem Wickeln.